Deutschlands Medienlandschaft rätselt seit Samstag über den Kniefall der Hertha-Profis im Vorfeld des Spiels gegen den FC Schalke 04. PR-Aktion? Tief empfundene Empathie und daraus resultierende Solidarität für die diskriminierten Sportler in den Vereinigten Staaten? Stabilitätsprobleme? Schlechter Rasen? Alles Quatsch. Folgendes ist nämlich passiert:
Ja richtig! Die Proskynese war schlicht und ergreifend eine dem Ritus entsprechende Ehrerbietung für die Reisegruppe des Königsblauen Flämings, die selbstredend wieder nach Berlin fuhr.
Begleitet von erneut strahlend blauem Wetter traf eben diese Reisegruppe um ca. 10.30 Uhr am Hauptbahnhof Jüterbog zusammen.
Der Hauptsponsor des Gegners war dann so nett uns pünktlich aufzunehmen und wir dann so höflich, ordentlich Platz zu nehmen:
Geht doch nichts über Disziplin. Diese war auch vonnöten, denn Erich und Andre schienen das neue Fanmotto „Heute wird gesoffen, bis Di Santo trifft“ zum Anlass genommen zu haben,wegen ihrer Ehrentage zwei Kisten Bier zur Verfügung zu stellen. In Relation zur antizipierten Reisedauer ein durchaus ambitioniertes Projekt. But: Challenge accepted!Die Anreise ging dann recht flüssig und wurde von rituellem Berlin-Sightseeing- am Hauptbahnhof unterbrochen. Hier kümmerten wir uns dann um eine Erweiterung des Horizontes:
Jaha! PICCOLÖCHEN! Jüterboger sind eben auch Cosmopoliten!
Sollte an dieser Stelle des Textes nun der Eindruck entstehen, wir würden ausschließlich wegen des Alkohols zu Fußballspielen reisen, so sei entschieden und klar erklärt:
Mitnichten! Essen ist uns auch sehr wichtig. Und wir brauchten Ketchupflecken auf weißen Jacken, weil sonst hätten wir ja in den folgenden 1,5 Stunden keinen Running-Gag mehr gehabt. Diese 1,5h verbrachten wir auf den Stadionterrassen, tranken Kamillentee, führten kopfzerberstend intellektuelle Gespräche und genossen die Sonne. In zeitlich relativer Nähe zum Anstoßzeitpunkt begaben wir uns dann zum Block, der gut gefüllt, jedoch erstaunlich ruhig war. Mit Beginn des Spiels war dann die Ursache geklärt. Beileidsbekundung für einen verstorbenen Ultra. Die ersten sechs Minuten des Spiels gab es berechtigterweise keinen Support. Anschließend dann aber spieldurchgängig dem Stadion entsprechend angemessen. Die Leute in der Ostkurve ergaben sich in niedlichen Provokationen, die in einem Spruchband gipfelten, das zeigt, dass man da drüben nicht allzu viel verstanden zu haben scheint. Sei es drum, am Ende gab es die Retourkutsche:
Höchststrafe für Hertha: Als die gefühlt 20.000 Schalker am Ende auch noch das hier singen. #BSCS04 pic.twitter.com/UZFmgLZrky
— Christian Mutter (@christianmutter) 14. Oktober 2017
Wer so unbeholfen eine Pseudofeindschaft kreieren möchte, muss eben auch damit leben. Oder seine Fankurve zügig räumen. Man scheint sich in Berliner Fankreisen für die letzte Variante entschieden zu haben:
2 Tore in Berlin geschossen, keines kassiert. Damit ist über das Spiel selbst aus fußballerischer Sicht alles gesagt. Schalke kann also auch in Berlin noch gewinnen. Der Kniefall der Herthaner ist demnach auch auf sportlicher Ebene völlig berechtigt gewesen. Egal, wie die Presse das sieht.
Die Mannschaft solidarisierte sich noch mit den Fans und übernahm medienwirksam die Fahne, die den verstorbenen Fabian ehrte. Hiernach begaben wir uns beseelt und äußerst zügig auf den Heimweg. Das ging alles so schnell, dass einige zwar um 20.05 Uhr wieder auf der heimischen Couch lagen, jedoch, vermutlich aufgrund der hohen Reisegeschwindigkeit, den Verlust ihrer Fan-Devotionalien nicht mitbekamen.
Erneut ein wunderbarer Ausflug. Ab jetzt wird im Fanclub auch nicht mehr über Statistiken bezüglich Auswärtsfahrten von einzelnen Mitgliedern gesprochen. Was besprochen wurde und was sicher ist: Berlin, Gelsenkirchen kommt wieder. Ihr dürft dann aber auch Schalke sagen!